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Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

Allgemeines zu Daelim und dem Zweiradfahren
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#1 Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von Zitterhuck » 27. Aug 2013, 13:11

Hallo zusammen,

so oft gibt es die Diskussion über Schutzkleidung, aber meistens geht es nur um das Pro und Contra des Tragens überhaupt. Darum soll es hier nicht gehen, sondern um Tipps zu Qualität und zum Tragen generell, die ich gesammelt habe. Trotzdem einmal vorab: Meine Haltung ist klar - Komplette Schutzkleidung ist ein Muss bei jedem Wetter.

Zum Thema:

Wichtigstes - und vorgeschriebens - Teil ist der Helm.

Kopfverletzungen kann man in vielen Situationen damit vermeiden, wenn auch nicht immer. Bei hohen Geschwindigkeiten hilft der Helm auch nicht mehr.
Integralhelme bieten naturgemäß den besten Schutz, Klapphelme sind ein technisch potenziell anfälliger Kompromiss, Jet-Helme sind besser als nix, aber auch nicht mehr.
Ein Visier sollte jeder Helm haben, sonst sind Insekten oder Steinschlag ein zu großes Risiko. Ein Pinlock®-Visier hilft im Integralhelm gegen Beschlagen, der Helm sollte darauf vorbereitet sein.
Ein verkratztes Visier ist ein Sicherheitsrisiko und muss sofort getauscht werden. Das Visier darf auch durch die Reinung nicht verkratzen, die Chemie in diversen Mittelchen kann dies auch bewirken. Weiches Tuch und Spülmittel sind am besten geeignet.
Ein (während der Fahrt leicht) klappbares zusätzliches Sonnenvisier ist sehr sinnvoll, Blendungen sind gefährlich. Die Tönungskategorie des Visiers (es gibt vier) sollte bekannt sein, mehr als Kategorie 2 ist im Straßenverkehr nicht zulässig.
Ein Helm muss genau passen, ist er zu locker, ist sein Schutz nicht gegeben. Beim Kauf heftig mit dem Kopf schütteln und in alle Richtung ziehen, er darf sich nicht verschieben. Ein Rastenverschluss ist beim Kinnriemen besser als ein Klick-Verschluss, da er immer genau angepasst werden kann. Ist der KInnriemen verschlissen oder gerissen, muss er getauscht werden.
Die Polster sollten tauschbar sein, die verschleissen und dadurch nimmt die Passgenauigkeit ab.
Duroplaste und Verbundwerkstoffe (wie GFK, Carbon, Kevlar, Dyneema) sind das sicherere Baumaterial, da sie weniger altern und formstabiler sind als Thermoplaste (z. B. ABS, Polycarbonat, Polyamid).
Nach einem Sturz - bei Thermoplasten vielleicht schon aus der Hand - sind Helme sind mehr sicher und müssen getauscht werden.
Ach ja. Unser deutsches Recht verhindert leider die konsequente Anwendung der ECE-Norm 22/05. Trotzdem sollte man das Zeichen ernstnehmen und nix anderes kaufen.

Dann zum Handschuh:

Warme Hände sind auch ein Sicherheitskriterium, daher sollte man an den entsprechenden Winterhandschuhen nicht sparen, auch im Sommerhandschuh darf man nicht auskühlen.
Leder ist im Ernstfall zäh und lässt die Hände atmen, muss aber gepflegt werden, sonst wird es spröde und reisst sehr schnell.
Protektoren an Knöcheln und auf dem Handrücken sind Pflicht, die aus vollem Material sind besser, als Luftblasen.
Passgenauigkeit ist wichtig, vor allem am Daumen, die oft zu lang sind, was zu Bedienungsproblemen z.B. am Blinkerschalter führen kann.
Zu steif dürfen sie am Handgelenk und in den Finger-Grundgelenken nicht sein, sonst nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit an den Bremsen ab.
Ganz wichtig: Es muss neben dem Stulpenverschluss auch einen Riemen am Handgelenk geben, der den Handschuh sicher in Position hält. Sonst wird der Handschuh im Ernstfall von der Hand gerissen. Test: Ein zweiter Mann darf nicht in der Lage sein, den Handschuh mit Gewalt abzuziehen.

Nun zu den Stiefeln:

Am allerwichtigsten: Die Hose muss unbedingt im Stiefel getragen werden, nicht darüber. Im Ernstfall wird sonst die Hose nach oben gerissen und kann das Bein nicht mehr schützen. Daher müssen der Stiefelschaft und die untere Hosenweite zusammen passen und eng sitzen. Auch daher ist ein normaler Schuh oder ein Halbschuh grundsätzlich ungeeignet!
Die Verschlüsse, ob Klett oder Reissverschlüsse müssen hochwertig genug sein, um im Ernstfall geschlossen zu bleiben. Ein Reisverschluss ist an den Innenseite besser vor ungewolltem Aufreissen geschützt.
Die Füße sollen auch aus Sicherheitsgründen warm und trocken bleiben. Ein Stiefel aus modernen Materialien wird dies besser leisten können, als einer aus Leder.
Verstärkungen bzw. Protektoren an den Außenseiten und an beiden Knöcheln sind Pflicht, für die Schaltung braucht es eine Verstärkung oben auf dem linken Stiefel, sonst verschleisst der zu schnell.
Die Sohle sollte sehr rutschfest sein, damit man beim Bremsen nicht den Halt verliert.
Vorne sollte der Stiefel eher breit als spitz sein, sonst nimmt die Durchblutung der Zehen zu schnell ab.
Im Knöchelgelenk soll der Stiefel gelenkig genug für ein bequemes Gehen sein. Das ist nicht nur komfortabler, sondern es beugt auch Verspannungen beim Laufen vor, die wieder auf dem Bike ein Sicherheitsproblem sein könnten.

Jacke wie Hose?

Grundsätzlich ist ein einteiliger Anzug besser geeignet, da er im Ernstfall verhindert, dass die Jacke und Hose gestrippt bzw. getrennt werden und an Schutzwirkung verlieren. Natürlich erfüllt die Verbindung von einzelner Jacke und Hose zur Kombi per Reissverschluss dieselbe Funktion.
Gutes Leder ist sehr reiss- und scheuerfest. Moderne Materialien stehen dem aber nicht nach, sind aber oft bessser geeignet, weil atmungsaktiver und trotzdem wasserfester. Ratsam ist eher die Verwendung von Gortex®, als einer der vielen Nachahmer, da die Firma die Verwendung ihres Materials an Produkten Dritter testet und erst dann zulässt. Die Materialstärke sollte nicht unter 500D liegen.
Bei den Protektoren (an allen wichtigen Stellen) gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede, mindestens geprüft nach EN 1621-1 bzw. EN 1621-2 sollten sie sein, austauschbar sowieso. Wichtig ist ihre sichere Verstellbarkeit, damit sie dem Nutzer genau passen können.
Aprospos Protektoren: Ein Nierengurt ist komplett funktionslos und daher überflüssig. Die angeblich wärmende Wirkung gibt es bzw. braucht es nicht, als Schutz des Rückens ist nur ein Protektor des Typs "Schildkröte" tatsächlich sinnvoll.
Die Farbe ist wegen der Sicherbarkeit besonders wichtig! Schwarz geht eigentlich nur mit neongelber Weste, die muss aber flatterfrei sitzen. Aber eine Weste verhindert die Atmungsfähigkeit der Jacke. Daher ist eine ausreichende Applikation von auffallender Farbe, am besten auch neongelb, sehr wichtig, gut sind auch zusätzlich reflektierende Materialien.
Alle Nähte sind sicherheitsrelevant, da gibt es erhebliche Unterschiede, sie sollten auch in primär beim Aufschlag gefährdeten Zonen speziell nach ISO 4916 verstärkt sein.
Gute Verschlüsse sind auch ein Sicherheitsfaktor!
Keine Hose ist keine Alternative! Wenn es denn kleidsamer zugehen soll, so sind Jeans aus Kevlar eine Alternative, wenn auch ein Kompromiss.
Wärmend im Winter, kühlend im Sommer, beides muss die Kleidung leisten, auch aus Sicherheitsgründen. Ein frierender oder schwitzender Biker ist in seiner Konzentration gestört. Imho geht das aber nicht zusammen, auch wenn es heraustrennbare Futter gibt. Kleidung jeweils für beide Halbjahre ist daher anzuraten.
Übrigens: Eine gute Sommerkleidung kühlt so gut, dass es kein Argument für "lockere" Kleidung mehr gibt. Tipp: Die richtige Unterkleidung spielt dabei auch eine wichtige Rolle. Trägt man solche aus Merino-Wolle, so ist im Sommer wie Winter für Wohlbefinden gesorgt.


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#2 Re: Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von Otello 2010 » 28. Aug 2013, 09:08

Du hast dir mal wieder sehr viel Mühe gemacht und deine gesammelten Tipps ausführlich dargestellt.

Dennoch ein paar Anmerkungen dazu:
Zitterhuck hat geschrieben:Passgenauigkeit ist wichtig, vor allem am Daumen, die oft zu lang sind, was zu Bedienungsproblemen z.B. am Blinkerschalter führen kann.
Nicht jeder hat die Möglichkeit, sich seine Handschuhe maßfertigen zu lassen. Man ist auf das Angebot der einschlägigen Läden angewiesen und muss sich die Handschuhe raussuchen, die am besten passen. Und dabei ist in der Tat der Daumen des Trägers häufig zu kurz. ;)

Zitterhuck hat geschrieben: Die Hose muss unbedingt im Stiefel getragen werden, nicht darüber. Im Ernstfall wird sonst die Hose nach oben gerissen und kann das Bein nicht mehr schützen.
Das gilt sicherlich für die einteiligen "Rennanzüge" mit produktbedingten kürzeren Hosenbeinen; bei Otto Normalverbrauchers Textilhosen geht das gar nicht. Die sind vom Schnitt her gar nicht für das im-Stiefel-tragen ausgelegt. Von den 40 Produkten, die z.B. Louis anbietet, sind viele mit einem Reißverschluss unten versehen, damit man die Stiefel besser anziehen kann. Außerdem gibt es keine Stiefel im Angebot, die einen Schaft wie Gummistiefel haben; und selbst in die bekommt man die Hosen nicht reingesteckt.
Wenn das Hosenbein im Ernstfall tatsächlich so hoch gezogen wird, dass der Beinschutz verloren geht, sitzt die Hose insgesamt nicht richtig. Außerdem muss man dann schon eine gute Strecke mit den Füßen voran rutschen, damit das passiert; etwas schräg oder mehr mit dem Oberkörper voran und das Problem tritt nicht auf.

Zitterhuck hat geschrieben:Ein Nierengurt ist komplett funktionslos und daher überflüssig. Die angeblich wärmende Wirkung gibt es bzw. braucht es nicht
Das ist absoluter Quatsch und daher falsch.
Ein Nierengurt soll nicht unbedingt eine wärmende Wirkung haben, sondern durch das enge Anliegen am Körper über den Nieren jeglichen Windzug von der Haut fern halten, wie er bei lose getragener Kleidung überall auftritt. Viele empfinden dann durch die verhinderte Verdunstungskälte, dass ein Nierenschutz wärmt. Das ist jedoch nicht ganz richtig; er verhindert nur das Auskühlen im Nierenbereich. Und jeder, der mal eine Nierenerkältung oder -entzündung hatte, weiß, dass ein Nierengurt sehr wohl eine Funktion hat, daher absolut notwendig und von der Überflüssigkeit weit entfernt ist.

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#3 Re: Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von Zitterhuck » 28. Aug 2013, 09:22

Hallo Hermann, danke fürs Lob. Deine Hinweise auf Praktikabilität sind sicher richtig. Ich wollte hier darstellen, wie es sein sollte.
Nur eins, auch nix für ungut: Doch, die angebliche Funktion der Nierengurte ist nicht mehr als eine "urban legend". Da braucht nix gewärmt werden, die Nieren liegen im Bereich der Kerntemperatur des Körpers. Ehe da eine Absenkung ankommt, muss sehr viel mehr passieren, als Fahrtwind und Hautkühlung - und Du wärest längst fahrunfähig.

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#4 Re: Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von History » 28. Aug 2013, 10:36

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#5 Re: Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von Zitterhuck » 28. Aug 2013, 12:22

Nur weil was in Wikipedia steht, heisst das noch nicht, dass es stimmt. Da wird dann auch noch der Unsinn verbreitet, dass der Nierengurt vor Erschütterung oder gar vor einem Bauchtrauma schützen soll. Die Nieren und alle anderen Organe sind, mit Absicht durch die Evolution, beweglich aufgehängt, um Erschütterungen abzufangen. Komprimiere ich den Bauchraum durch einen Nierengurt, so können die Organe nicht mehr ausweichen. Einfache Physik. Das Gegenteil ist also richtig: Ein Nierengurt verstärkt Erschütterungen und Traumata.

Nee, es ist und bleibt eine Legende, welche die Zubehörindustrie gerne schürt. So ähnlich wie der angeblich hohe Eisengehalt im Spinat. Stimmt nicht, ist sogar niedriger, als bei anderen Gemüsen. War ein Kommafehler bei einer Untersuchung abfangs des 20. Jahrhundert, der ungeprüft hartnäckig kolportiert wurde und wird. Und Millionen von Kindern wurden damit gequält! Oder auch die Behauptung, Eier würden durch Anpicken beim Kochen am Platzen gehindert. Probiert es mal aus, vielleicht verzichtet Ihr dann auch auf den Nierengurt... ;D

Lest mal z.B. "1000 Irrtümer der Allgemeinbildung" oder "Lexikon der Medizinirrtümer"

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#6 Re: Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von Otello 2010 » 28. Aug 2013, 13:28

Zitterhuck hat geschrieben:Nur weil was in Wikipedia steht, heisst das noch nicht, dass es stimmt.
Nee, es ist und bleibt eine Legende, welche die Zubehörindustrie gerne schürt.
Da stimme ich dir zu.
Das gilt auch für den immer wieder als unbedingt notwendig propagierten Ölwechsel und den Einsatz von speziellem Einfahröl. ;D

Dennoch werde ich weiterhin einen Nierengurt tragen, weil mir der Windzug im Lendenbereich nicht gut tut und ich keine Lust mehr auf noch eine Nierenerkältung habe - ob die nun durch zeitweisen Verzicht auf so einen Gurt verursacht war oder nicht. Und auch an die nicht zu leugnende Stützwirkung bei längeren Fahrten habe ich mich gewöhnt und möchte sie nicht mehr missen; vor allem, seit sich das Sixpack am Bauch so langsam in ein Fässchen verwandelt hat. ;)

Zitterhuck hat geschrieben:Da wird dann auch noch der Unsinn verbreitet, dass der Nierengurt vor Erschütterung oder gar vor einem Bauchtrauma schützen soll.
Ob das Unsinn ist oder nicht kann und will ich hier nicht behaupten; und ausprobieren will ich das schon gar nicht.
Fest steht, dass der Gurt eine zusätzliche Barriere zur übrigen Bekleidung darstellt und deshalb ähnlich einem Protektor wirkt, auch wenn er nicht dessen Festigkeit hat.
Und wenn ich mich schon sommers wie winters in eine Ritterrüstung zwingen soll, um Mopped zu fahren, kommt es auf dieses eine kleine Teil mehr oder weniger auch nicht mehr an. ;)


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#7 Re: Gute Schutzkleidung - und wie man sie tragen sollte

von Dielo » 18. Sep 2013, 23:41

Hab das grad mal für nee passenden Diskusion im anderen Forum rausgesucht!

Das geht ja jeden Motorradfahrer an.

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