10. Mai 2021, 11:37
Wer eine Daelim Roadwin VJF in der RFi Version fährt, mag sich dessen nicht immer bewusst sein...
Problem Lastindex (Tragfähigkeit):
Die Roadwin hat laut Papieren hinten eine Kennung 69P. Die Reifengröße ist ansonsten 140/60/17. Die genannte 69 steht für die mindestens benötigte Tragfähigkeit des Reifens. Das P steht für die zulässige Höchstgeschwindigkeit (P = 150 km/h). Übersetzt heisst der Lastindex 69, dass der Reifen bis zu 325 kg tragen kann. Ein höherer Index (also z.B. die 70, 71, 72 usw.) ist immer zugelassen, ein niedriger (also 68, 67, 66 usw.) ist es nicht.
Geringe Reifenauswahl:
Das 60er Querschnittsmaß für einen 140er Reifen ist exotisch, viele Reifen haben ein 70er Maß. Und genau daher gibt es nicht viele Reifen für dieses Modell.
Reifen oft mit geringerem Lastindex:
Wenn man über die Suchmaschinen passende Reifen sucht, finden sich von der Größe her diverse Modelle. Aber oft passt der Lastindex nicht.
Ausnahmegenehmigung:
Meinem Neffen hatte ich letztes Jahr Bridgestone S20 Evo montiert. Diese haben nur einen Lastindex von 66 (also gut für "nur" 300 kg) und sind legal eigentlich nicht zu fahren. Aber Bridgestone hat den Reifen für die Daelim mittels einer Unbedenklichkeitsbescheinigung legalisiert. Auflage dazu ist aber, dass der Serienluftdruck zu fahren ist.
Lastindex und Luftdruck:
Ein Hersteller sollte bemüht sein, seine Reifen mit einem möglichst hohen Lastindex an den Markt zu bringen, damit er auf möglichst vielen Maschinen gefahren werden darf. Der Absatzmarkt ist also größer, je höher der Lastindex ist. Technisch aber läßt sich der Lastindex u.a. über den Luftdruck beeinflussen. Je höher der Luftdruck, umso höher der Lastindex, wobei es da sicher nicht bis ins unendliche geht. Die vorgegebenen Luftdrücke sind aber für diverse Motorräder unterschiedlich. Das Fahrverhalten wird u.a. auch hierüber beeinflusst. Daher kann ein Reifenhersteller vermutlich immer nur einen Kompromiss bei der Zulassung eingehen. Ein Reifen sollte also auch für relativ geringe Luftdrücke geeignet sein. Das wiederum zieht den Lastindex nach unten.
Beispiele:
Der Bridgestone S20 hat nur einen Index von 66. Ein Heidenau (leider nur als 130/60 für die RFi verfügbar) hat gar nur einen Index von 62 (Tragfähigkeit ist dann nur 265 kg). Beide Reifen dürfen dennoch auf der RFi gefahren werden. Dies eben deswegen, weil die Hersteller eine Zulassung für die RFi bewirkt haben und beim Reifenkauf auch die relevanten Papiere mitliefern. Aber Teil der Zulassung ist eben auch der Luftdruck. Es muss der Serienluftdruck gefahren werden.
Problem Reifennachfolger:
Jedes Mal, wenn ein Reifenhersteller ein neues Modell raus bringt, muss er dann auch wieder für diverse Maschinen die Zulassung beantragen, was klar Geld kosten dürfte. Beim S20 Evo ist z.B. mittlerweile der S22 (nach dem S21 davor) auf dem Markt. Der Reifen wird sicher nicht schlechter als der S20 sein. Der Index ist m.E. auch wieder 66. Leider darf dieser Nachfolger nicht gefahren werden.
Weniger und weniger Reifen am Markt für die RFi:
Da es gesetzliche Änderungen gab und solche Unbedenklichkeitsbescheinigungen nur noch bedingt sinnvoll sind, steht zu befürchten, dass die Hersteller diese ggf. gar nicht mehr zur Verfügung stellen werden. Damit sinkt das Angebot der exotischen Größe 140/
60/17 weiter.
Was heißt das nun?
Mein Neffe braucht z.B. neue Reifen, findet den S20 aber nicht mehr. Der ist entweder ausverkauft oder wird vielleicht sogar gar nicht mehr produziert und bliebe dann auch ausverkauft. Nach Beratschlagung hat er gestern auf meinen Rat hin eine Anfrage an Bridgestone geschickt, ob es auch eine Freigabe für die RFi zum Nachfolger S22 gäbe. Denn der S22 ist am Markt verfügbar. Der S20 EVO läßt sich wie gesagt nicht finden. Klar kann er auch andere Reifen fahren. Aber ich rate ihm zu einem gerade auch bei Nässe gut haftenden Reifen, weil er noch Fahranfänger ist. Für solche Fahränfänger sehe ich mehr Sicherheit auch in kritischen Wettersitutationen als sehr sinnvoll an. Erfahrene Fahrer könnten eher mal mit einem rutschenden Hinterrad zurecht kommen. Aber gerade bei Fahranfängern ist das halt ein Thema. Dahe auch der S20 EVO für ihn als Anfänger.
Muss der hohe Lastindex überhaupt sein?
Für eine lediglich 125er wie die RFi empfinde ich den Lastindex als viel zu hoch angesetzt. Wenn man mal das zulässige Gesamtgewicht der RFi betrachtet und andere 125er vergleichen würde, sollten die 69 eher ungewöhnlich hoch zu vermuten sein. Statistisch habe ich es jetzt nicht verglichen. Aber gfs. hat Daelim damals bei der Erlangung der Betriebserlaubnis einfach nicht an derlei Dinge gedacht, weil es in anderen Ländern vermutlich weniger eine Rolle spielt, was sich die Behörden hier in Deutschland für Auflagen einfallen lassen. Fakt ist, dass größere Motorräder teils geringere Lastindizes als Auflage haben.
Wissenswertes zu Lastindex und Geschwindkeitssymbol:
(für URL bitte einloggen)Fazit:Wenn Ihr andere Reifen aufzieht oder aufziehen lassen wollt, schaut Euch bitte unbedingt den Lastindex an. Der muss mindestens 69 für hinten sein (vorne ist m.E. 54 vorgegeben) und darf grds. nicht unterschritten werden. Wenn er unterschritten wird, muss der Reifen für die RFi zugelassen sein. Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Reifenherstellers erscheint mir in dem Fall zwingend (wie z.B. beim Bridgestone S20 EVO mit einem Index von nur 66).
fr