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Reifen selbst wechseln: Eine Anleitung

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#1 Reifen selbst wechseln: Eine Anleitung

von el42b » 17. Jul 2020, 23:06

Hi Foris,

nachdem das Thema naturgemäß immer wieder aufkommt und ich schon mal eine Anleitung dazu in einem anderen Thread geschrieben habe (http://www.daelim-forum.com/viewtopic.php?f=8&t=9218), habe ich mir gedacht, ich aktualisiere das mal und lege es unter einem Thread ab, der leicht zu finden ist:

Ich habe bei meinen Rollern wie auch bei der Daystar die Reifen immer selbst gewechselt.
Man braucht halt ordentliches Werkzeug:
3 stabile Montierhebel, mehr kann nicht schaden, je flacher, desto besser,
3 Felgenschoner sind das Minimum, mindestens aber so viele, wie man Montierhebel hat,
1 Ventilschraubendreher,
1 Spanngurt (nur bei schlauchlosen Reifen),
2 Stücke Dachlatten (oder dicker) ~60 cm lang,
evtl. eine alte Wolldecke,
Tensid (Seife, Spüli etc.),
Lappen,
evtl. Kreide,
Spiritus, Universalverdünnung oder Bremsenreiniger,
festes Schuhwerk,
Wasser.
Zusätzlich hilfreich ist Bindedraht für Pflanzen, weil der gemeinhin mit weichem Plastik ummandelt ist, oder Kabelbinder.

Allgemein empfiehlt es sich, die alten und vor allen Dingen die neuen Reifen anzuwärmen. Man kann sie z.B. in der Sonne (auf Asphalt oder Steinuntergrund) einige Zeit liegen lassen. Je wärmer sie sind, desto flexibler sind sie.

Du lässt die Luft komplett aus dem Reifen raus, indem Du das Ventil rausdrehst.
Dann legst Du die Felge auf die beiden Holzstücke ('Ne alte Wolldecke drunter kann nicht schaden.)
Dann trittst Du die alte Reifendecke auf beiden Seiten vom Felgenhorn ab. (Der Reifenrand muss auf beiden Seiten in der Felge liegen.)
Dann legst Du den Reifen an einer Stelle ins Felgenbett, setzt an der gegenüberliegenden Seite einen Montierhebel an (Felgenschoner drunter) und ziehst den Reifenrand nach außen über die Felge. Den Montierhebel hältst Du fest. (Manche binden ihn auch mit Draht oder Kabelbinder fest.) Das machst Du rechts und links davon auch.
Jetzt kannst Du vermutlich schon den Rest des Reifens per Hand nach außen ziehen. Wenn nicht, kannst Du den mittleren Montierhebel nochmal weiter außen ansetzen (Felgenschoner drunter).
Wenn Du einen Schlauch hast, nimmst Du ihn jetzt raus. (Vorher Ventilstutzenschraube lösen, wenn es eine gibt.)
Jetzt drehst Du das Rad und machst das gleiche nochmal von der anderen Seite.
Dann stellst Du das Rad senkrecht, drehst die Felge in Bezug auf den Reifen um 90 Grad und ziehst sie raus.
War ein Schlauch drin, musst Du jetzt das Felgenband überprüfen und ggf. ersetzen. (Falls das Felgenband defekt sein sollte und Du kein neues zur Hand haben solltest, tut's auch Textilklebeband. Das solltest Du aber im Bereich des Loches für den Ventilstutzen überlappen lassen (und nur da), damit Du nicht eine zweite schwere Stelle am Rad erzeugst. (Dann aber auch unbedingt wuchten.)
Bei schlauchlosen Reifen überprüfst Du den Ventilhalter auf Risse und ersetzt ihn, falls nötig. Sicherer ist es, ihn per se zu ersetzen. Das Ding ist ja recht günstig.

Vor dem Aufziehen des neuen Reifens solltest Du sämtliche beteiligten Regionen satt einseifen.
Die meisten Reifen sind an der schwersten Stelle mit einem oder mehreren farbigen Punkten gekennzeichnet. Diese Punkte sollte dem Ventil genau gegenüber liegen.
Den neuen Reifen schiebst Du an dieser Stelle mit einer Seite ins Felgenbett. Die spannende Region drückst Du mit Hilfe der Montierhebel stückweise in die Felge. Hierbei sollte man darauf achten, dass einem der Reifen nicht an der einen Stelle wieder rausrutscht, während man ihn an der einen reindrückt. Um das zu verhindern, lässt man einen Montierhebel an der gerade bearbeiteten Stelle drin und fixiert ihn so, dass er nicht wieder herausrutscht. Danach kann man an der anderen Seite den Reifen kontinuierlich mit Hilfe von Montierhebeln in die Felge drücken.
Ist der Reifen an einer Seite drin, musst Du bei einem Reifen mit Schlauch den letzteren einlegen und den Ventilstutzen lose anschrauben, damit er Dir nicht zu weit abhaut.
Dann drückst Du wie vorher schon geübt die gegenüber liegende Seitenkante in die Felge (Felgenschoner drunter).
Bei einem Schlauchreifen ist jetzt der Punkt, wo Du den Schlauch faltenfrei(!) so im Reifen positionierst, dass der Ventilstutzen gerade (Hier ist die Richtung gemeint nicht das Maß.) aus der Felge herausragt. (Manchmal hift es, das Ventil einzuschrauben und ganz wenig Druck auf den Schlauch zu geben.)
Bei einem schlauchlosen Reifen ziehst Du jetzt den Spanngurt mittig (!) auf den Reifen und ziehst ihn an. Wenn der Reifen an beiden Seiten komplett anliegt, schraubst Du das Ventil wieder rein und gibst Druck drauf.
Bei Reifen mit und ohne Schlauch wird es zweimal knallen. Dann überprüfst Du, ob der Reifen auf beiden Seiten am Horn (Felgenkante) anliegt. Tut er das nicht, mehr Druck drauf, bis dass das so ist.
Bei Schlauchreifen sollte der Ventilstutzen jetzt gerade aus der Felge ragen. Ventilstutzenmutter handfest anziehen, sofern eine vorgesehen ist.

Jetzt ist ist der Zeitpunkt gekommen, mit dem Lappen die Reste der Seife abzuwischen. Abwaschen geht auch.

Druck wieder etwas (bis auf etwa 1,5 Bar) ablassen und den Reifen rundrum mehrmals springen lassen, damit er sich gleichmäßig setzt. (Lieber zu häufig als zu selten. Hier entscheidet sich, wie rund Dein Rad läuft. Je mehr Sorgfalt man darauf verwendet, desto runder wird der Reifen anschließend laufen.)
Bei Rollerreifen mit kleinem Durchmesser kann mann das Rad auch auf die Seite legen und anschließend mittig(!) mit einem Fäustel gefühlvoll rundum auf den Reifen schlagen (auf beiden Seiten) und ihn anschließend springen lassen. (Rollerreifen sind schwerer auszurichten als solche vom Motorrad.)

Fahrdruck + 0,1 Bar drauf und fertig.

Wenn Du wuchten möchtest, baust Du das jeweilige Rad so ein, dass es frei laufen kann (ohne Bremszange oder ohne Kette). Auch hier gilt: Rollerreifen sind schwieriger zu wuchten, da der Umfang kleiner ist.

In einer Richtung leicht anstoßen und warten, bis es stehenbleibt. Den untersten Punkt markierst Du mit Kreide.
Dann stößt Du das Rad in der anderen Richtung an und wartest wieder, bis es stehenbleibt und markierst.
Sollten beide Punkte nah bei einander sein, hast Du den schwersten Punkt des Rades ermittelt. Sollten sie auseinander liegen, kannst Du das Ganze wiederholen. Sollte auch nach mehreren Versuchen der Bereich nicht auf etwa 10-15 cm einzugrenzen sein, läuft Dein Reifen entweder schon sehr rund oder Dein Lager ist nicht mehr das beste.
Sollten die Striche weit auseinander liegen und eher zufällig angeordnet sein, läuft Dein Reifen rund und Du musst nichts weiter tun.
Solltest Du zwei Bereiche haben, in denen sich die Striche häufen, markier die Mitte zwischen diesen und klebe genau gegenüber (am Besten erstmal provisorisch) ein 5g-Gewicht hin. Wisch die Striche ab.
Dann nochmal weiter wie oben. Wenn Du wieder einen Tiefpunkt ermitteln kannst, klebe ein weiteres 5g-Gewicht daneben oder auf die andere Seite der Felge hin.
Da capo al fine. Irgendwann werden die Striche zufällig verteilt sein. Dann läuft das Rad rund und Du kannst die Bereiche für die Gewichte mit Spiritus, Universalverdünnung oder auch Bremsenreiniger reinigen und die Gewichte endgültig ankleben.

Rad ordentlich einbauen und fertig.

Das Ganze hört sich zwar aufwändig an, ist aber in einer Stunde zu bewältigen.
Ich habe genau ein Mal gewuchtet. Seither habe ich den Reifen jeweils ordentlich gesetzt und musste nie wieder wuchten. Allerdings habe ich immer nur Heidenau-Reifen aufgezogen. Andere Fabrikate können widerspenstiger sein, aber damit fehlt mir die Erfahrung.

Viel Glück
E.

Noch ein Tipp: Egal, ob Du das selber machst oder machen lässt: Neue Reifen haben noch Reste des Trennmittels drin, das benötigt wird, um sie aus der Form zu bringen. Dieses Trennmittel ist zwar leicht flüchtig, dringt aber auch in die oberen Schichten des Gummis ein. Deswegen laufen neue Reifen erst einmal wie auf Eiern. Die ersten 200 km solltest Du also sehr vorsichtig fahren, weil erst danach die eigentliche Qualität der Reifen heraustritt.

Für diesen Beitrag danken
caddy, S3-Nobbi, Riemendreher


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#2 Re: Reifen selbst wechseln: Eine Anleitung

von McNeu » 19. Sep 2020, 09:45

Hallo el42b ,
Eine super deutliche Anleitung, besonders der Nachsatz !!!
Sollte von jedem im Hinterkopf archiviert werden.
Auch wenn der Vorgang in der Werkstatt vollzogen wird, bleibt das Trennmittel vorerst drauf.

Gehört hier nicht her, aber bei einem normalen Fahrrad ist der Vorgang bis auf das auswuchten derselbe.

Danke und Gruß
McNeu

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